Die Verwendung von Kannada-Schriftzeichen unter Windows™

Unter Privatbenutzern ist Windows™ noch immer das meist benutzte Betriebssystem. (Bekanntlich bin ich persönlich ein Windows-Gegner, denn ich finde das Windows™-Betriebssystem seit Version 8 unübersichtlich, es gibt erhebliche Sicherheitsrisiken1, und es gibt mehr als eine sehr gute Alternative zu Windows™2.)

Tatsache ist aber, dass unter Privatbenutzern Windows noch immer das meist benutzte Betriebssystem ist. Deshalb folgen hier einige Hinweise für diejenigen, die auf einem Windows-Computer Kannada in der eigenen Schrift der Sprache schreiben möchten. (Was hierunter folgt, basiert auf meinen Erfahrungen mit Windows 7, denn danach habe ich nicht mehr mit Windows-Computern gearbeitet. Meines Wissens hat sich in letzter Zeit aber nicht viel geändert.)

Um auf einem Windows-Computer Kannada-Schriftzeichen zu benutzen, braucht man zuerst zweierlei:

Heutzutage wird Windows™ geliefert mit einem Kannada-Schriftsatz (Tunga, genannt nach einem Fluss in Zentral-Karnataka) und einem Tastaturtreiber für das Kannada3. Diese Hilfsmittel sind brauchbar, aber nicht gerade die schönsten oder einfachsten in der Verwendung.

Standard-Tastaturbelegung in Windows: Der in Windows eingebaute Tastaturtreiber folgt einer Tastaturbelegung, die von der Zentralregierung Indiens propagiert wird: dem so genannten Inscript-System4. Die Idee ist, dass wenn man einmal diese Tastaturbelegung gelernt hat, man ohne Weiteres nach demselben System auch in einer beliebigen anderen indischen Schrift schreiben kann, ohne eine neue Tastaturbelegung zu lernen. D.h. dass wenn man einmal gelernt hat, dass in Inscript das Kannada-Zeichen für ,ta‘ unter der Taste ,l‘ liegt, man auf einem Computersystem, das für z.B. Bengali eingerichtet worden ist, unter derselben Taste das Bengali-Zeichen für ,ta‘ findet. In der Praxis wird es (vor allem in der westlichen Welt) nur besonders wenige Personen geben, die so oft mit Schriften für unterschiedliche indische Sprachen arbeiten, also lässt sich dieser Vorteil nicht wirklich vergleichen mit dem Nachteil, nämlich, dass es ziemlich aufwendig ist, die Belegung zu lernen. (So muss man sich z.B. merken, dass man um in einer indischen Schrift ,bhūmi‘ zu schreiben, ,Ztxf‘ schreiben soll.)

Zum Schreiben von Texten in Kannada auf einem Windows-Computer gibt es mehr als eine Alternative. (Hier erwähne ich nur preiswerte Lösungen, nicht die kostspieligen von kommerziellen Software- und Verlagshäusern.)

Alternative 1. In Bangalore wird das ,Kannaḍa Gaṇaka Pariṣattu‘ (,Kannada-Computerverband‘), kurz ,KaGaPa‘5, von der Regierung Karnatakas subventioniert. Seit Jahren bemühen sich dessen Mitglieder, Hilfsmittel für die Benutzung von Kannada auf Rechnern bereitzustellen. In unserem Kontext ist ein Produkt des Kagapa wichtig, nämlich ihr kostenloses Paket Nuḍi (,Sprache‘), das aus einem Tastaturtreiber, einem Editor und einer grossen Zahl von Kannada-Fonts6 besteht. Hiermit lässt sich innerhalb von wenigen Minuten erlernen, wie man auf dem Computer Kannada schreibt. Für diejenigen, die das Kannada auf der Webseite noch nicht mit Leichtigkeit lesen: Das Softwarepaket ist unter http://www.kagapa.in/kannada/sites/default/files/downloads/Nudi-5.0/Nudi5.0Setup.exe herunterzuladen, die Fonts unter www.kagapa.in/kannada/sites/default/files/downloads/Nudi-5.0/Fonts.rar. Eine neuere Version 6.0, die ich als Nicht-Windows-Verwender nicht erprobt habe, ist hier zu finden: http://www.kagapa.in/kannada/content/ತಂತ್ರಾಂಶಗಳು

Mit dem Tastaturtreiber des KaGaPa kann man mehr oder weniger in jedem beliebigen Windows-Programm Kannada schreiben. Die Tastaturbelegung (die von der Regierung Karnatakas befürwortet wird) ist innerhalb weniger Minuten gelernt: ,k‘ gibt die Silbe ,ka‘; ein ,f‘ dient als virāma, d.h. die Tastenkombination ,kf‘ produziert ,k‘. Will man den k mit einem anderen Vokal schreiben, dann tippt man z.B. ,ku‘ für ku, ,kU‘ für kū, ,kO‘ für kō, usw. usw. Das Wort ,bhūmi‘ tippt man ,BUmi‘, das Wort ,bhakta‘ wird als ,Bkft‘ eingegeben. Es lässt sich alles spielenderweise lernen. – Dieses System ist so effizient und erfolgreich, dass es jetzt auch Tastaturtreiber für andere indische Schriften nach ,KaGaPa‘-Muster gibt.

Alternative 2. Ebenfalls aus Bangalore kommt das sehr benutzerfreundliche Paket Baraha (erhältlich bei http://baraha.com/). Der Programmierer begann, ein einfaches System zum Schreiben des Kannada zu entwickeln, und als das einmal funtionierte, sah er ein, dass dieses Muster auch auf andere indische Schriften angewendet werden konnte (und er hat das dann auch gemacht). Momentan kann man mit Baraha Kannada, Konkani, Tulu, Hindi, Marathi, Sanskrit, Nepali, Tamil, Telugu, Malayalam, Gujarati, Punjabi, Bengali, Assamesisch und Oriya schreiben. Wie bei Nudi erhält man (mehr als einen) Editor, einen Tastaturtreiber, Fonts für all diese Sprachen, andere behilfliche Software (bitte schauen Sie auf der Website nach), und nach einer Probezeit, in der Sie dies alles erproben können, müssen Sie eine einmalige, lebenslängliche Lizenz kaufen. Es ist nicht kostenlos wie Nudi, aber für was man alles erhält, ist dies ein sehr preiswertes Angebot.

Alternative 3. Die optisch schönste Lösung überhaupt ist die Verwendung des Textsatzsystems TeX7 mit dem ‘typesetting engine’ XeTeX oder LuaTeX (in der Praxis in einer erweiterten Form: LaTeX oder ConTeXt, das ich für die Herstellung meines Lehrbuches verwendet habe). Für die Installation unter Windows siehe man http://www.dante.de/tex/tl-install-Windows.html. All diese TeX-Software ist kostenlos, aber um sie zu verwenden, muss man Spass an den sehr technischen Aspekten der Computerverwendung empfinden. Sehr viele Informationen (auch deutschsprachig) findet man auf den sehr informationsreichen Seiten von Dante e.V. (Deutschsprachige Anwendervereinigung TeX e.V.): http://www.dante.de/.

(Ergänzung, 29.12.2016: Jetzt können Sie auch die von Google entwickelten Fonts ,Noto Sans Kannada‘ und ,Noto Serif Kannada‘ hier herunterladen. Was man hier ,Sans‘ nennt, sind Schriftzeichen mit gleichmässiger Strichbreite, während ,Serif‘ eine variable hat und deshalb etwas eleganter aussieht.)

Stand: 22.10.2021


Kannada auf anderen Computerplattformen:


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  1. Seit Edward Snowdens Enthüllungen wissen wir, dass Windows™ ein Risiko für die Vertraulichkeit und die Privatsphäre der Benutzer mit sich bringt, und mehrere Sicherheitsexperten, auch einige Regierungen, haben gegen die Verwendung von Windows 8 geraten. Inzwischen ist auch Windows 10 erschienen, und dies wird von manchen Beobachtern als ,Privatsphäre-Albtraum‘ betrachtet (https://www.privacytools.io/operating-systems/#win10). (Siehe auch ,Microsoft als Malware‘: http://www.gnu.org/proprietary/malware-microsoft.html.) – Nicht jeder bastelt gerne am inneren seines Computers herum (das tue ich auch nicht mit meinem Auto: ich fahre bloss damit), aber wenn man schon PC-Hardware benutzt, möchte ich dennoch hier gerne die Verwendung des vorzüglichen und gratis erhältlichen, gratis benutzbaren Betriebssystems Linux empfehlen. Ein für Studenten der Indologie sehr guter Grund für Linux wäre schon die vorzügliche Unterstützung von indischen Schriftsätzen. 

  2. Im Internet findet man zahllose Seiten mit Anweisungen, wie man das schnelle, stabile und bis ins Unendliche nach eigenen Wünschen konfigurierbare Linux gratis herunterlädt und installiert, auch neben einem bestehenden Windows-System auf demselben Computer, oder zu Probezwecken von einem USB-Stick oder von einer CD laufen lassen kann. (Man kann also perfekt angstfrei ein Linux-System auf dem eigenen Computer erproben.) Über wie man Linux an der LMU erhält: http://lmu.zydenbos.net/linux/linux-lmu.html. Siehe auch http://lmu.zydenbos.net/computertips.pdf. Falls Sie schon Linux benutzen, finden Sie hier meine Seite mit Angaben, wie man mit Linux Kannada schreibt. 

  3. Dies könnte im Fall der neuesten Version, Windows 10, die ich nicht kenne und nicht kennen will, wieder geändert sein. 

  4. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Inscript 

  5. http://www.kagapa.in/kannada/ 

  6. Diese sind bei www.kagapa.in/kannada/sites/default/files/downloads/Nudi-5.0/Fonts.rar herunterzuladen. 

  7. TeX (https://de.wikipedia.org/wiki/TeX) mit den Erweiterungen LaTeX (https://de.wikipedia.org/wiki/LaTeX) und ConTeXt (https://de.wikipedia.org/wiki/ConTeXt) ist ein fantastisches System, das aber ganz anders als ein herkömmliches Textverarbeitungsprogramm funktioniert: Es ist fast wie eine Programmiersprache zur Herstellung von besonders schönen Texten. Im Internet findet man kostenlos alles, was man zur Verwendung von TeX benötigt.